Ich erwarte das neue Jahr mit Neugierde, Zuversicht und Optimismus.
Möge es doch jedem von euch auch so gehen. Was war, ist ausgestanden, bewältigt und gewesen. Unser Augenmerk gilt der Zukunft, dem neuen Jahr.
Ein unvergessliches
Silvestervergnügen
„Schau mal nach draußen, es hat ja die ganze Nacht geschneit.
Hoffentlich versinken die heutigen Wanderpläne nicht im Schnee!“, rief ich meinem
Mann am Morgen beim Blick aus dem
Schlafzimmerfenster entgegen. Unsere Mienen wurden bekümmert.
Das letzte Kalenderblatt zeigte an, dass heute Silvester
war. Unsere Wandergruppe, ich nenne sie mal die „Frohnaturen“, hatte ein ganz
besonderes Highlight geplant und mit viel Elan vorbereitet. Eigentlich waren
wir alle darüber glücklich, dass die
Natur dem Weihnachtsfest mal wieder ein winterliches Kleid gewebt hatte.
Märchenhaftes Glitzern, wohin man schaute! Verschwunden waren Dreck und alles
Graue. Doch diese Schneehöhe, die sich inzwischen mächtig aufgetürmt hatte,
könnte zum Verhängnis werden. „Warten wir es ab, wie sich die Winterlage entwickelt. Vielleicht sind ja die
Räumfahrzeuge schneller, als wir denken. Heißt es nicht immer, wandern kann man
bei jedem Wetter?“, beruhigte mich mein unerschrockener Karl.
Vor über dreißig Jahren hat sich in unserem Dörfchen
Wahlhausen eine lebensfrohe Wandertruppe zusammengefunden. Wir arbeiten gerne,
besitzen Haus und Garten, lieben Natur, Kultur, Bewegung und Eichsfelder
Feldgieker. Uns verbinden Verwandtschaft, Freundschaft, Heimat, Kirmesverein
und Geselligkeit. Obwohl wir längst nicht mehr
dort wohnen, gehen wir alljährlich gemeinsam auf Wanderschaft. Wir
durchstreiften von Heiligenstadt aus die Dün-und I-Berg Höhen, wanderten zum
Scharfenstein und kehrten im „Neuen Brunnen“, dem „ Forsthaus“ oder auf dem „
I-Berghäuschen“ ein, um das Eichsfeld zu schmecken. Manchmal zogen wir auch
einfach nur durch unsere wunderschöne burgengekrönte Landschaft. Der Maisprung
auf den Alten Stein bei Asbach ist inzwischen schon zur Tradition geworden.
Dort spielen alljährlich Eichsfelder Musikanten auf und heizen die Stimmung an.
Thüringer Bratwurst und Rostbrätl vom
Grill schmecken auf des Berge Höhen besonders gut.
Unser Sohn Florian, der inzwischen fas 30 Jahre alt ist,
fand es immer recht lustig, wenn er im Bollerwagen über Stock und Stein
geholpert wurde. Inzwischen gehen ab und an schon die Enkelkinder mit auf
Wanderschaft. Ebenso sind wir bestrebt, am Vatertag einen Familienausflug zu
organisieren.
Wenn alles geregelt und abgesprochen ist, schlüpfen wir in
unsere Wanderschuhe, hüllen uns in einen Zwiebellook, packen den
Picknick-Rucksack und starten erlebnisfroh in den Tag. Bei Vollzähligkeit sind
es zehn Ehepaare. Wir malen uns den Wandertag bunt, indem jeder auf seine Weise
dafür sorgt, dass er zur Genusstour
wird.
Das läuft etwa so ab!
In Wahlhausen treffen wir uns auf dem Hof Grebenstein. Dort empfängt Klaus die Männerwelt mit einem erlesenen Begrüßungsschnaps aus dem letzten
Kroatienurlaub. Petra entkorkt den Begrüßungssekt und dann frönen wir der
Wiedersehensfreude. Oft wird danach der VW-Bus der Gebrüder Rode bestiegen oder
die PKW´s besetzt, um zum Startplatz zu kommen. Dann bringen uns die
Routenplaner auf den Wanderweg. Spätestens nach zweieinhalb Stunden angestrengten Wanderns über Berg und
Tal halten wir Ausschau nach einem Rastplatz. Mal ist es eine grüne Wiese, mal
platzieren wir uns auf Baumstämmen oder lassen uns auf Felssteinen nieder.
Dabei kommt es auch vor, dass man mal in den Dreck rutscht. Kulturvoll ist es,
wenn der Picknicktisch in einer Grillhütte gedeckt werden kann. Egal wo, es
sind immer Spaß und Hochgenuss dabei, wenn jeder auspackt, was er eingesackt
hatte.
Rainer zieht genießerisch seine Eichsfelder Wurst aus dem
Rucksack, hausgeschlachtet bei Meister Propf in Lindewerra. Doris legt Brötchen,
Butter, Saures und Fruchtiges dazu. Stefan packt seine Kamera aus und hält die
Glücksmomente fest. Ramona hat leckeren Ziegenkäse aus Schönhagen, Antipasti
und Nachkömmling Marie mitgebracht. Jupp punktet mit seinem hausgemachten Brombeerlikör und Heringssalat.
Margitta sorgt dafür, dass das leckere Gassmannbrot aus Heiligenstadt nicht
fehlt und hat natürlich auch an den Schmand gedacht. Hartwig war vor
Wanderbeginn an einem Sonnabend noch beim Fleischer und hatte handwarmes Gehacktes
eingekauft. Als er seinen Lieblingsschmaus aus dem Papier wickelte, war es das
Gulaschfleisch für das Sonntagsessen. Aber seine Uschi hatte ja noch Leberwurt,
Garwurst, Gurken, Tomaten und Schokolade
vorrätig. Helga wartete mit kalorienarmen und gesunden Lebensmitteln auf und
ihr selbstgebackenes Körnerbrot war köstlich. Harald stand mit einem
Getränkeangebot und Müsliriegeln bereit.
Klaus ließ die Reihe rund an seinem Feldgieker schnuppern, bevor er ihn
anschnitt. Petra tafelte diverse Häppchen und Eier von glücklichen Hühnern
auf. Gero stellte sein
Organisationstalent zu Verfügung und hatte den Sekt für die Damen im Gepäck.
Jutta platzierte Knackwürste, Käsewürfel, Sülzwurst und Salat. Silvia hatte mal
wieder eine fantastisch schmeckende Käserolle kreiert, an Pfeffer und Salz
gedacht und Dips gemacht. Gerd, der Hesse, präsentierte seine Wurst und hatte
uns auch schon auf den Hohen Meißner und durch das hessische Bergland verführt.
Wir liefen einmal im Kreis. Als Entschädigung hatte er Spezialbier im Rucksack.
Martina öffnete ein Schüsselchen mit verführerisch duftenden Bratklößchen, servierte Käse, Knackwürstchen,
Senfgurken und Kohlrabi. Uwe war Bierträger, hatte aber auch Wasser und seinen
Humor im Gepäck. Mein Mann sorgt
alljährlich mit seinem Johannesbeerlikör für Stimmung und die frisch
geräucherte Runde darf bei ihm auch nicht fehlen. Ich hatte meine Gartenkräuter
verarbeitet, rührte Bärlauchbutter und mixte verschiedenen Brotaufstriche.
Natürlich vergaß ich auch meine
Lieblingswurst, Garwurst mit Zunge, nicht. Für Obst war ebenfalls gesorgt. Mit
diesem Angebot wurde jede Tour zum Event, man weiß ja, Essen und Trinken halten
Körper, Geist und Seele und zusammen.
Unser beliebtestes Wanderziel ist die Teufelskanzel, gleich
um die Ecke. Jeder Aufstieg begeistert uns aufs Neue. Treffpunkt ist der Huschke von
Hanstein-Platz in der Dorfmitte, gleich neben der Wahlhäuser Kirche. Von dort aus marschieren wir die
Landstraße entlang Richtung Lindewerra. Nach etwa einem Kilometer erblickt man
bereits auf einer Anhöhe, die am
Waldrand gelegene Pfeillitenhütte. Beim
Rechtsabbiegen verlässt man die Landstraße und folgt dem Hinweisschild zur
Teufelskanzel. Die weitere Beschilderung
führt die Wanderer nach links an einem kleinen See vorbei. Es lohnt
sich, zu verweilen und dessen Reize einzufangen. Bei Hitze findet man auch
Abkühlung. Wenige Meter entfernt gelangt man an eine Weggabelung, die auf zwei
Aufstiegsmöglichkeiten verweist. Die Herausforderung liegt im direkt steil
ansteigendem Pfad zur Teufelskanzel. Wir mögen die entspanntere Variante und
wandern gemächlich durch das Waldgebiet des Höhebergs, wo uns mehrere
Aussichtspunkte zum Verweilen einladen, wie das Ausgespann. Die Schönheiten der
Naturlandschaft machen diese Tour zum Erlebnis. In jedem Fall ist ein
Höhenunterschied von über 300 m zu überwinden, bis man den sagenumwobenen
Sandsteinglotz erreicht hat. Die 4 km sind in gut zweieinhalb Stunden zu
bewältigen. Oben angekommen, kann man mit allen Sinnen genießen. Der
unvorstellbare Blick von der Felsformation gibt bei klarem Himmel das gigantische Panorama des Werratals frei. Man
erliegt förmlich der Faszination des hufeisenförmig verlaufenden Flussbeets,
das der Teufelssprung gezeichnet hat. Steht man auf dieser Kanzel, ummantelt
einen das Gefühl von göttlicher Erhabenheit.
So, als läge uns die Welt zu Füßen. Hier könnte man glatt ins Reich der
Träume abtauchen. Nun stand uns der Sinn nach Einkehren. Unweit des Felsens
entdeckt man das Wirtshaus Teufelskanzel, idyllisch im Wald gelegen. Mehr Infos unter: www.teufelskanzel.de
.
Zurück zum Zeitgeschehen! Ein einzigartiges winterliches
Silvestervergnügen war geplant und wir wollten dem Jahresausklang eine
besondere Note geben. „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“, sagte ich laut. Das muss
man wohl da oben gehört haben, denn gegen Mittag hatte Frau Holle ihre Betten
ausgeschüttelt und die Sonne strahlte vom Himmel. Wir schöpften Hoffnung,
telefonierten, whats appten und diskutierten über die Realisierung unseres
Wanderplans. Euphorie, Winterfreude, Wanderlust und das Gefühl, gemeinsam
schaffen wir alles, beflügelten uns. Also fanden wir uns am späten Nachmittag
bei Klaus und Petra ein, heizten uns mit Glühwein auf und starteten in das
Silvestervergnügen. Die Kinder unserer Freunde chauffierten uns zum Parkplatzt
Rotenbach, am Ortsausgang von Gerbershausen gelegen. Wanderfreudig machten wir
uns auf den Weg zur Teufelskanzel, der sogar gespurt war. Schließlich mussten
das Personal und die Versorgungsfahrzeuge ja auch hoch kommen. Nach etwa 20
Minuten standen wir vor dem hell erleuchteten Waldgasthaus. Die Kanzel selbst
war im Schnee versteckt. Wohlige Kaminofenwärme schlug uns entgegen, als wir
eintraten. Das Ambiente war umwerfend, romantische Beleuchtung,
lichtergeschmückte Tischreihen, Musik zum Kuscheln und ein Hauch von Glühwein
und Apfelpunsch erfüllten den Gastraum. Erstaunlich viele Plätze waren bereits besetzt und ein
Alleinunterhalter empfing uns mit dem Helene Fischer Song „Atemlos durch die
Nacht“. Aber wir waren längst noch nicht atemlos. Unsere Tischreihe war wohl
die längste, unsere Stimmung wohl die lauteste und wir stürzten uns lustvoll in
das Silvestervergnügen. Die Speisekarte, original regional, versprach viel
Schmackhaftes. Wir wählte das „ Original Eichsfelder Schlachtessen- warm“.
Zuerst wurde die Fleischbrühsuppe mit Fadennudeln, Gemüse und Fleischklößchen
serviert. Danach tafelte der froh gestimmte Wirt seinen Kesselgulasch vom
Jungochsen mit Thüringer Klößen und Preiselbeerrotkohl auf. Es duftete nicht
nur vorzüglich, sondern es schmeckte auch sehr köstlich. Nach dem Motto: Käse
schließt den Magen, kam zum Schluss das Eichsfelder Käsebrett mit Bauernbrot
und saurer Gurke noch auf den Tisch. Ein Enzian zur Verdauung rundete das
wohlschmeckende Essen ab.
Nun lauschten wir der Musik, plauderten, diskutierten und
amüsierten uns. Gegen 21.00 Uhr sammelten wir unsere Kräfte für den Abstieg,
legten das Winterfell an und begaben uns zuversichtlich auf den Rückweg nach
Wahlhausen. Die Tour war natürlich wesentlich länger und durch den Tiefschnee zur
Herausforderung geworden. Frohen Mutes zogen wir durch die winterschöne
kalte Nacht. Der Mond lächelte uns zu
und beleuchtete den Abstieg. Gero, Klaus und Stefan, unsere Fackelträger,
unterstützten ihn dabei. Alles war tief verschneit, der Höheberg ein
Wintermärchen! Nirgendwo eine erkennbare Spur. Aber wir waren ja von hier und
entdeckten die Hinweisschilder, die gespenstisch aus der weißen Pracht ragten.
Gero stampfte mit Fackel und großen Füßen vornweg. Er spurte uns sozusagen den
Pfad. Wir folgten ihm im Gänsemarsch. Stefan beleuchtete die Mitte und Klaus
mit seiner Fackel formierte sich am Schluss, damit niemand verloren gehen konnte.
Anfangs noch recht ausgelassen und fröhlich bahnten wir uns den Weg. Doch schon
bald erwies sich der Hochschnee als schwer überwindbar. Das Laufen wurde immer
anstrengender und die Füße unwilliger. Aber wir zogen noch nicht atemlos
geworden durch die Nacht. Zum Beweis dafür warfen sich Silvia und Martina in
die weiße Pracht und machten den Schneeengel. Vom Übermut gepackt, entfachte
sich auch noch eine Schneeballschlacht. Humorvoller konnte das alte Jahr gar
nicht ausklingen.